Pressemitteilung der Gemeinde Stockelsdorf zur Erika-Tyska-Straße
Am 10. November 2022 wurden in einem Ortstermin die Anwohner:innen der Erika-Tyska-Straße über die Nichtzulässigkeit der dortigen Verkehrsregelung „Einbahnstraße als verkehrsberuhigter Bereich“ informiert. Wir – Bürgermeisterin Julia Samtleben, Leiter des Ordnungsamtes Stefan Köhler und Leiter der Polizeistation Jörg Burmester – haben damals alle möglichen Argumente und Gedanken mit den Anwohner:innen ausgetauscht. Wie in fast allen verkehrsberuhigten Bereichen wurde vorgetragen, dass schon jetzt erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen an der Tagesordnung sind. Dabei wurde eingeräumt, dass es sich – mit Ausnahme von Lieferfahrzeugen – bei allen Fahrzeugführern um Anlieger:innen handelt. Wir als Gemeinde Stockelsdorf, die Polizei und der Kreis Ostholstein beschäftigen uns seit fast eineinhalb Jahren mit dem Thema. Hintergrund war die Beschwerde von Anwohner:innen über die Einbahnstraßenregelung, die für manche Anwohner:innen zu einem großen Umweg führt. Bei der darauffolgenden Verkehrsschau wurde von der zuständigen unteren Verkehrsbehörde die Rechtswidrigkeit der Situation festgestellt. Schon in diesen Vorgesprächen wurde erörtert, ob nicht statt des verkehrsberuhigten Bereichs, Tempo 10 angeordnet werden könnte. Dies wurde auch im November vor Ort als mögliche, gute Lösung von einem Anwohner vorgeschlagen und daraufhin diskutiert.
„Ich ärgere mich selbst über die Haltung des Kreis Ostholstein zum verkehrsberuhigten Bereich“, führt Bürgermeisterin Julia Samtleben aus. Die Rechtslage ist aber eindeutig: Hauptproblem ist tatsächlich, dass die Erika-Tyska-Straße so schmal ist, dass sie die eigentlichen Merkmale eines verkehrsberuhigten Bereichs nicht erfüllt. Ein verkehrsberuhigter Bereich zeichnet sich durch gemeinsame Verkehrsflächen, markierte Stellplätze und verkehrsberuhigende Maßnahmen (Verengungen, Blumenkübel etc.) aus. In einem verkehrsberuhigten Bereich dürfen Fahrzeuge den Fußgängerverkehr weder gefährden noch behindern; wenn nötig, muss gewartet werden. Trotzdem dürfen Fußgänger und spielende Kinder Fahrzeuge nicht behindern und müssen zur Seite gehen. Kinderspiele sind zwar überall zulässig, die Fahrbahn darf aber nicht durch große Gegenstände oder Spielzeuge blockiert sein. Die zuständige untere Verkehrsbehörde beruft sich auf eine Dienstanweisung, die sich auf Urteile des VG Lüneburgs und des OLG Köln bezieht, nach dem in einem verkehrsberuhigten Bereich keine weiteren Verkehrszeichen – außer Parkflächenmarkierungen – also auch nicht das Zeichen 220 – Einbahnstraße- angeordnet werden sollen. Man argumentiert weiter damit, dass es sich bei einem verkehrsberuhigten Bereich um eine Sonderfläche ohne Fahrbahn handelt (OLG Köln, Beschluss vom 30.05.1997 – Ss 136/97 (Z)) und demnach im Ergebnis eine Einbahnstraße in einem verkehrsberuhigten Bereich nicht angeordnet werden darf.
In der VwV-StVO zu § 42 Richtzeichen heißt es zum Zeichen 325.1 (Verkehrsberuhigter Bereich) unter V.: „Mit Ausnahme von Parkflächenmarkierungen sollen in verkehrsberuhigten Bereichen keine weiteren Verkehrszeichen angeordnet werden. Die zum Parken bestimmten Flächen sollen nicht durch Zeichen 314 gekennzeichnet werden, sondern durch Markierung, die auch durch Pflasterwechsel erzielt werden kann.“
Bei der VwV-StVO handelt es sich um bindendes Bundesrecht, dass von den Verkehrsbehörden bundesweit umgesetzt werden muss.
„In einem verkehrsberuhigten Bereich müssen alle Fahrzeuge – auch Fahrräder – besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen und dürfen maximal Schrittgeschwindigkeit fahren. In der Rechtsprechung werden jedoch Werte zwischen 7 km/h und 11 km/h als Schrittgeschwindigkeit angenommen“, erklärt Jörg Burmester, Leiter der Polizeistation. „Somit ergibt sich bezüglich der zulässigen Geschwindigkeit lediglich eine geringe Veränderung.
Bereits aufgrund der Regelungen in § 3 Abs. 2a StVO müssen Fahrzeugführer unter anderem auf Kinder besondere Rücksicht nehmen. Insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und Bremsbereitschaft haben sie sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung der Kinder ausgeschlossen ist.
Hinzu kommen die besonderen Straßenverhältnisse der Erika-Tyska-Straße, die auch ohne Beschilderung nur sehr langsame Fahrgeschwindigkeiten zulassen. Es liegt in der Verantwortung der Verkehrsteilnehmer, sich an die geltenden Regeln zu halten und dadurch für Verkehrssicherheit zu sorgen“.
Grundsätzlich wäre der Kreis Ostholstein auch zu einer Beibehaltung des verkehrsberuhigten Bereichs bei gleichzeitigem Wegfall der Einbahnstraßenregelung bereit gewesen. Allerdings haben sich dazu alle Anwesenden mit der entsprechenden Ortskenntnis negativ geäußert, weil gerade die Gefahr durch rückwärtsfahrende, ausweichende Fahrzeuge für Kinder als besonders hoch eingeschätzt werden muss.
Wegen der besonderen geschilderten Situation in dieser Straße (teilweise Fahrbahnbreiten unter 3 Metern und 90 Grad Kurven) haben wir nach dem Ortstermin im November zugesagt, trotz der bestehenden Anordnung (die von der Gemeinde Stockelsdorf in kurzer Frist hätte umgesetzt werden müssen) nochmals mit dem Kreis Ostholstein über die Beibehaltung des verkehrsberuhigten Bereichs zu verhandeln.
Das haben wir in persönlichen Gesprächen und mehreren Telefonaten auf unterschiedlichen Ebenen getan. „Wir haben auch extern die Rechtslage beurteilen lassen“, so Julia Samtleben. Herausgekommen ist dabei, dass die Beschilderung für den verkehrsberuhigten Bereich zwar entfernt werden muss, der Kreis Ostholstein aber gleichzeitig Tempo 10 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit angeordnet hat. „Die Anordnung von Tempo 10 km/h ist dabei ein guter Kompromiss, über den wir für die Anwohner:innen sehr froh sind.“
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